Grenzen auf Reisen - Terminal 5 in Heathrow am Eröffnungstag

This image was originally posted to Flickr by MPD01605 at http://flickr.com/photos/22121135@N00/6750914653. It was reviewed on 23. September 2012 by the FlickreviewR robot and was confirmed to be licensed under the terms of the cc-by-sa-2.0.
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Claudia hatte bei der Beantwortung der letzten Frage des Fragebogens „Welche Frage möchtest Du Zypresse unterwegs gern stellen?“ nachgehakt:

 

Bist Du, bzw. Ihr bei Euren Reisen schon mal an Grenzen gestoßen, die Ihr vorher nicht berücksichtigt habt? Und wie habt Ihr die Situation gemeistert?

 

... und heute ist es so weit: meine Antwort auf diese Frage gibt es hier.

 

Grenzen beim Reisen … na klar: jede Reise ist doch mit einem Grenzübertritt verbunden. Sei es im Sinne der Pass- und Zollkontrolle, sei es durch das Verlassen der eigenen Comfort-Zone. Aber das ist klar, das weiß man, das will man, wenn man auf Reisen geht. Aber ich glaube, das hast Du, Claudia, gar nicht gemeint, oder?

missglückte Inbetriebnahme von Terminal 5 in Heathrow

Die Welt berichtete...
Die Welt berichtete...

Am 27.03.2008 sind wir mitten in die British Airways völlig missglückte Inbetriebnahme des neuen Terminals 5 in London Heathrow geraten. Schon an diesem Tag war klar, dass der Terminal nicht reibungslos dem Betrieb gewachsen sein würde. Zunächst wurden 34 Flüge gecancelt und die gesamte Gepäckbearbeitung eingestellt. An diesem und in den folgenden Tagen sind mindestens 42.000 Gepäckstücke liegen geblieben. Weitere 500 Flüge mussten gestrichen werden.

 

Wir wollten in Heathrow eigentlich nur auf dem Weg nach Kapstadt umsteigen – leider gehörten zu den verlorenen Gepäckstücken nicht nur unsere Koffer, sondern auch der Rollstuhl des Gatten – und unser Urlaub war damit frühzeitig und endgültig zu Ende. Nur der Vollständigkeit halber: beide Koffer und den Rollstuhl erhielten wir nach drei Wochen an die Heimatanschrift zurück – und Urlaub haben wir stattdessen mit dem Auto und einem alten Ersatz-Rollstuhl in Kroatien gemacht. Da war es auch ganz nett.

 

Vorher lag aber eine Erfahrung, auf die ich gut und gerne auch heute noch, mit inzwischen fast 6 Jahren Abstand gut verzichten könnte. Üblicherweise werden wir beim Fliegen – wegen des Rollstuhls – als erste an Bord gelassen und an Ziel- oder Umsteigeort als letzte von Bord geholt.

 

In Heathrow an diesem denkwürdigen Tag dauerte es endlos, bis wir endlich die Maschine verlassen konnten. Das Betreuungspersonal kannte sich im neuen Terminal noch nicht aus, suchte immer wieder nach Hinweisschildern, landete mit uns vor noch nicht eingebauten oder noch nicht in Betrieb genommenen Aufzügen. Nach einer knappen Stunde, ohne eigenen Rollstuhl, ohne Ahnung wie es mit uns weitergehen könnte, befanden die beiden: „one hour is enough for one passenger, look after yourself.“

„one hour is enough for one passenger, look after yourself“

Und so standen wir, der Gatte in einem Rollstuhl, in dem er sich nicht, noch nicht einmal ein kleines Stück selbstständig bewegen konnte, überallhin musste ich ihn schieben. Rund um uns herum niemand in Sicht, der auch nur halbwegs sachkundig schien, zahllose Passagiere, die ebenso ratlos wie wir (aber deutlich beweglicher, weil nicht mobilitätsbehindert) nach Ausgängen, Schaltern, Hilfe suchten.

 

Fakt war: die Schlangen vor den British Airways Schaltern, die besetzt waren, waren endlos, zahlreiche Schalter waren nicht besetzt, Personal in Dienstkleidung, welches man ansprach, antwortete nur: „tut uns leid“, „wir kennen uns in diesem Terminal nicht aus“, „wir können Ihnen bei Ihrem Problem nicht helfen“, „wir sind nicht zuständig“ … (oder was es sonst noch an „Ausreden“ geben kann).

 

Ich könnte jetzt lange schreiben, wie es mit unserer Odyssee auf dem Flughafen Heathrow weiterging … Aber ich beschränke mich. Angekommen am späten Vormittag gab es nach gut drei ergebnislosen Stunden des Herumirrens in einem Terminal, in dem es noch nicht einmal Essen oder Getränke gab, einen Moment, an dem ich völlig entnervt mitten in einer riesigen Halle auf dem Boden saß, laut und verzweifelt schluchzte – meine Nerven waren völlig blank. Der Gatte in dem viel zu großen und nicht selbstständig bewegbaren Leihrollstuhl saß neben mir, konnte sich aber noch nicht einmal so weit in meine Richtung wenden, dass er mir ein Taschentuch hätte reichen oder gar über den Kopf hätte streichen können. Irgendjemand erbarmte sich ob dieses offenkundigen Elends und gab uns den Tipp, doch am besten Terminal 5 zu verlassen und es in einem der andern Terminals zu versuchen, einen Ansprechpartner von British Airways zu finden.

 

Nach einer abenteuerlichen Tour mit der U-Bahn wurden wir dann im anderen Terminal tatsächlich fündig: ein British Airways Schalter, mit Personal besetzt und auch willens, uns zu helfen. Viel tun konnte man dort aber nicht. Der Computer gab bekannt, unser Gepäck und auch der Rollstuhl befänden sich in Heathrows Terminal 5. Klar war aber auch: finden würde man ihn heute und in den nächsten Tagen ganz sicher nicht. Man bot uns eine Weiterreise nach Kapstadt am nächsten Tag an – aber was hätten wir dort machen sollen, ohne Rollstuhl? Also entschieden wir uns für eine Hotelübernachtung in London (auf Kosten von British Airways), klärten, dass wir den Leihrollstuhl auch dorthin mitnehmen dürften (das erforderte extra Verhandlungen, die Abgabe einer Garantieerklärung im Falle des Verlustes durch uns und das Abschließen eines „contract“) und flogen am nächsten Tag ohne Gepäck und ohne Rollstuhl zurück nach Düsseldorf.

 

Und doch: wir fliegen inzwischen auch wieder über LHR, sogar mit British Airways, wenn es sich nicht vermeiden lässt (wir werden nur nicht müde, darum zu kämpfen, dass der Rollstuhl an Bord kommt und an der Tür auch wieder ausgeliefert wird, das nennt sich dann „delivery at aircraft“ und braucht einen Extra-Gepäckanhänger). Und die Ramp-Agent von British Airways, die uns an diesem denkwürdigen Tag in Düsseldorf die Mitnahme des Rollstuhls in der Kabine verweigert hatte, die kennt uns immer noch. Sie reagiert auch nach all den Jahren noch völlig genervt, wenn wir in Düsseldorf ein- oder aussteigen: „ach, Sie schon wieder“ … (Wundert es jemanden, wenn ich offen gestehe, ich mag sie überhaupt nicht?)

 

Und wie ist das bei Euch? Habt Ihr auch schon

Eure Grenzen in bestimmten Situationen auf Reisen

erfahren oder kennt ihr das gar nicht?

Das ist zugleich auch mein Beitrag zur Blogparade von Sabine auf Gecko Footsteps: Blogparade – Reisepannen rund um den Globus

Das ist zugleich auch mein Beitrag zur ersten Blogparade von Thomas und Melanie: “Pleiten, Pech und Pannen auf Reisen

Kommentare: 11
  • #11

    Ines-Bianca (Sonntag, 18 August 2019 10:31)

    Was für eine fiese Geschichte!!!
    Und unfassbar, wie die Leute, die eigentlich für eine reibungslose Abwicklung zuständig sind, auf so etwas reagieren ... :-((((
    Schön, dass Ihr die Reisefreude dennoch nicht verloren habt. Wahrscheinlich muss man sich einfach mental darauf einstellen, dass ein bisschen Unannehmlichkeit sowieso immer dazugehört zum Reisen...
    Aber mir fällt das auch noch sehr schwer. Ich hab’s immer gern alles sortiert und reibungslos um mich herum ...
    Hab‘ noch einen schönen Sonntag!
    Ines-Bianca

  • #10

    Zypresse (Dienstag, 13 Juni 2017 16:30)

    ... zum Glück ist es inzwischen so lange her... und dennoch, ich krieg immer noch einen Kloß im Hals, so hilflos habe ich mich damals gefühlt.
    Danke für Eure Kommentare!

  • #9

    Sabine von Ferngeweht (Dienstag, 13 Juni 2017 16:14)

    Boah, da wäre mir ja die Hutschnur geplatzt! Nich nur unfähig, sondern auch unverschämt. Eine ganz explosive Kombi ...

  • #8

    Maria (Samstag, 30 April 2016 21:33)

    Oh Mann, was für eine Geschichte! Es ist unglaublich, wie man euch im Stich gelassen hat! Ich habe bei deinem Beitrag gerade richtig mitgelitten. Wie gut, dass es leztendlich gut ausgegangen ist, auch wenn die Dame am Düsseldorfer Flughafen sich eher entschuldigen als mit den Augen rollen sollte.
    Viele Grüße
    Maria

  • #7

    ClaoWue (Sonntag, 21 Februar 2016 23:07)

    Oh je, der berüchtigte Flughafen Heathrow - und das neue Terminal 5 ...
    Beim lesen war ich plötzlich richtig froh, dass die nur einmal mein Gepäck ne halbe Woche verspätet geschickt hatten - es war ja nichts lebenswichtiges drinnen, wenn es auch etwas ärgerlich war. Die Sachen, die ich während dieser Zeit gekauft habe wurden später ohne Probleme bezahlt (Trolly, Kleidung, Waschzeug, und sogar der Reiseführer).
    In den letzten Jahren hab ich glücklicherweise keine Probleme in Heathrow mehr gehabt, auch nicht beim umsteigen.

  • #6

    Sabine (Montag, 11 Januar 2016 13:30)

    Vielen Dank für Deinen Beitrag zu meiner Blogparade. Ohje, Ihr Armen. Das ist ja wirklich ein Horror-Trip. Rollstuhl weg, wenn man drauf angewiesen ist und niemand der einem helfen kann. Puuuh... Aber Ihr habt ja das bestmögliche draus gemacht :-)

  • #5

    zypresse (Freitag, 04 Juli 2014 18:45)

    Oh weh, das mit dem verlorenen Gepäck klingt auch nicht wirklich gut - obwohl Eure Reise ja dann doch schön und bemerkenswert gewesen ist.

  • #4

    NoDurians (Freitag, 04 Juli 2014 17:37)

    Eine einzige durchgehende Grenzerfahrung war unsere Chinareise 2012. Meinem Gepäck musste ich eine Woche hinterhertelefonieren, wir wurden krank, die Medis waren im verschollenen Koffer, Verständigungsprobleme, Probleme mit der Seehöhe, u.v.m.

    Geblieben sind viele schöne Erinnerungen, lustige Anekdoten und ein bisschen Stolz, es ohne Reisegruppe in Yunnan und dann quer durchs Land geschafft zu haben.

    Ausführlich ist das alles nachzulesen auf unserer Homepage.

  • #3

    zypresse (Freitag, 27 Juni 2014 12:01)

    Ich auch nicht, Thomas, ich auch nicht!

  • #2

    Thomas (Freitag, 27 Juni 2014 11:28)

    Oh, das ist aber eine richtig üble Geschichte. Dagegen sind unsere Urlaubspännchen aber Nichtigkeiten.

    So was muss ich nicht erleben und wünsche das auch keinen anderen.

    LG Thomas

  • #1

    Beate (Samstag, 08 Februar 2014 10:56)

    Als besonders nervig in Erinnerung geblieben ist mir unsere Unterkunft, das "Hotel Stella Maris" irgendwo auf Sri Lanka, zu dem uns ein Schlepper gebracht hatte. Auszüge aus meinem Reisetagebuch vom 6. Februar 1981:

    "… unser Hotelzimmer ist eine Hütte an einem schattenlosen Strand. Das Klo im Hof, und die versprochene Dusche ein tiefer Brunnen, aus dem man das Wasser per Eimer holen muss. Zudem von der Straße und der Küche her einsehbar. Die Familie ist 'nett', d. h. wahnsinnig aufdringlich. Und in Hikkaduwa befindet sich unser 'Hotel' auch nicht, sondern in irgendeinem winzigen Kaff Nähe Ambalangoda …
    Abendessen im 'Hotel': Rice & Curry; den Fisch verfütterte Petra heimlich an die Hauskatze. Und dann natürlich wieder die ganze Meute um uns beide herum: Familie, Verwandte, Freunde … Verließen gegen 20 Uhr den 'Speisesaal' und verkrochen uns in unsere Cabana. Petra ist sauer. Mir stinkt's."

    Große Hitze, Erschöpfung von einer zwanzigtägigen, aufregenden Reise per Bus und Bahn durchs Land, dazu Menschen, die in meinen Augen zu neugierig und aufdringlich waren … da stieß ich damals in der Tat an meine Grenzen und konnte auch nicht mehr besonders freundlich sein. Heute, viele Jahre und Reisen später, würde ich anders und garantiert lockerer mit der Situation umgehen.
    Unsere damalige Lösung: Flucht! Bereits am nächsten Tag saßen meine Freundin und ich in einem Minibus nach Hikkaduwa. Wo wir ein sehr nettes und sauberes Guesthouse für die nächsten Tage fanden.