Ich hoffe, Ihr seht mir nach, dass ich in der letzten Zeit ein wenig still war mit den Berichten von unserer Reise in die italienischen Marken. Offenbar hatten wir beide, ich genauso wie der Gatte, Ruhe und Erholung bitter nötig. Daher gab es nur wenig Zeit online, mehr Zeit gemeinsam, mehr Zeit zum Entspannen, Lesen, Nichtstun.
Heute nun aber soll es weiter gehen mit Impressionen, Informationen und Bericht aus diesem zu Unrecht verkannten Teil Italiens. Denn wir haben die Locanda tatsächlich auch gelegentlich verlassen um ein wenig Land und Leute zu erkunden. Und einer unserer ersten Ausflüge führte uns in den Nationalpark Monti Sibillini (Parco nazionale dei Monti Sibillini). Der ca. 70.000 ha große Park ist Teil des Apennin. Er liegt im Herzen Italiens, zwischen den Marken und Umbrien, in den Monti Sibillini. Der 1993 gegründete Park erschließt einen Bereich, geformt von der Natur und gezeichnet von Geschichte und Kultur.
Die Erdbeben im August und Oktober 2016 haben diese Region schwer getroffen. Dies gilt für Castelluccio ebenso wie für Norcia, aber auch andere Orte in dieser Gegend. Sie leiden selbst heute, etliche Jahre später, noch unter den Folgen, die italienischen Regierungen haben sie mit der Verwüstung ziemlich alleine gelassen.
Nachdem Ilona von wandernd.de selbst einige Geheimtipps in Italien, oder doch zumindest Städte und Orte abseits der gewohnten Touristenroute, besucht hat, hat sie beschlossen, zur Blogparade aufzurufen:
Italien geht auch anders! Geheimtipps und Reiseziele abseits des Gewohnten
An der Blogparade nehme ich mit diesem Beitrag teil.
*Diesen Blogbeitrag habe ich editiert und aktualisiert am 21.09.2020 und am 23.09.2021.
Nationalpark Monti Sibillini (Parco nazionale dei Monti Sibillini)
Das erste Ziel bei unserer Autotour durch die sibyllinischen Berge und nach Norcia war der Nationalpark Monti Sibillini. Wir erreichten ihn über die Schnellstraße SS77, die man zwischen Muccia und dem Fiastrasee verlässt, um dann auf recht gut ausgebauten Straßen via Visso die Bergwelt zu erobern.
Diese Möglichkeit fanden an diesem Sonntag außer uns auch zahlreiche Motorradfahrer reizvoll – allerdings waren die weniger auf gemütliches Genuss-Cruisen im offenen Cabrio aus wie wir, sie nutzten die Straßen und das hervorragende Wetter, um die Straßenlage der Bikes gerade auch in den Kurven voll auszutesten. Fast schon verwunderlich, dass wir nur einen Sturz (bei dem außer einigen abgebrochenen Metallteilen nichts passiert ist) gesehen haben.
Die unteren Lagen des Nationalparks sind überwiegend bewaldet, es gibt kleine, verwunschene Örtchen. Kommt man höher, so weichen die Bäume ausgedehnten Feldern und später alpinen Wiesen. Der höchste Berg ist der Monte Vettore (2476 m).
Die Monti Sibillini waren im Mittelalter europaweit als Reich der Dämonen und Feen bekannt. Die berühmteste der zahlreichen Legenden ist die der Prophetin Sibylle, die in einer Grotte lebte. Daneben gibt es zahlreiche historisch-kulturelle Kleinode: Über das Gebiet verteilt findet man viele Burgen, Wachtürme, historische Dörfer, Kirchen, romanische Pfarrkirchen, Fresken und andere Kunstschätze.
Die Berge sind ein beliebtes Urlaubs- und Ausflugsgebiet der Italiener: im Winter für alle Sportarten im Schnee, zu den übrigen Zeiten des Jahres kann man hier gut Wandern, Mountainbiken oder auch Gleitschirmfliegen.
Castelluccio di Norcia
Unser erster Stopp bei der Autotour durch die sibyllinischen Berge war Castelluccio. Das Dorf Castelluccio di Norcia liegt auf einem kleinen Hügel etwa 1250 m über dem Meeresspiegel, nicht mehr in den Marken, sondern schon in Umbrien.
Die Hochebene rund um das Dorf ist in Italien auch wegen der Linsen, der sehr feinen „lenticchie di Castelluccio“ bekannt. Wir waren bei unserem Besuch leider etwas zu früh im Jahr für die „fioritura“, die Blüte, das einmalige Naturereignis bei Castelluccio. Zwischen Ende Mai und Juli verwandelt das magische Ereignis der gleichzeitigen Blüte mehrerer Blumensorten die Linsenfelder der Hochebene in ein Farbenmosaik. Mehrere Wochen lang wird die Monotonie durch eine Farbenexplosion ersetzt. Wann es losgeht, liegt in jedem Jahr am Wetter. Entweder vor einer Tour anrufen oder einen Blick auf die Webcam werfen.
So konnten wir nur die Gelegenheit nutzen (es war grade gegen Mittag), uns in einem der Geschäfte am Dorfplatz mit frisch belegten Panini zu versorgen und dann einen netten Picknickplatz auf einer Wiese mit Sonne und Fernblick zu suchen. Ein schöneres „Esszimmer“ kann ich mir kaum vorstellen!
*Editiert am 23.09.2021
In der New York Times fand ich aktuell einen Beitrag zur lebendigen Widerstandsfähigkeit von Castelluccio di Norcia.
Norcia
Nach einer ausgedehnten Mittagspause ging es weiter auf gut ausgebauten und recht leeren Straßen. Unser zweites Ziel für den Tag war Norcia, eine Kleinstadt mit grade mal unter 5000 Einwohnern in der umbrischen Provinz Perugia in Italien. Hier spielt der Tourismus eine wichtige Rolle.
Die Ursprünge des Ortes gehen auf die Zeit der Sabiner zurück. Norcia wurde im 3. Jahrhundert v. Chr. von den Römern erobert und bekam 268 v. Chr. römisches Bürgerrecht. 572 n. Chr. wurde Norcia von den Langobarden, deren Zentrum sich im nahen Spoleto befand zerstört. Ihnen folgten Goten und Sarazenen, sodass Norcia 890 verlassen war. Erst langsam entwickelte sich danach wieder das bürgerliche Leben, bis sich Norcia um 1200 als Freie Kommune konstituierte. Es entwickelte sich zu einem regionalen Zentrum und Handelsplatz. Gleichzeitig wurde die heute noch erhaltene Stadtmauer errichtet.
Um 480 sollen hier der heilige Benedikt, Gründer des Benediktinerordens, und seine Zwillingsschwester Scholastika geboren worden sein. Nach ihm ist auch die zentrale Piazza San Benedetto benannt. Rundum stehen
- die Basilika San Benedetto, errichtet um 1200
- das Rathaus (um 1300)
- und die im 16. Jahrhundert erbaute castellina, ein festungsartiger Stadtpalast
Wir fanden den kleinen Ort ausnehmend hübsch, mit netten kleinen Gassen, einem kompakten Zentrum rund um den Platz. Für einen Sonntagnachmittag war es ziemlich belebt dort, davon konnten wir uns bei unserem Bummel überzeugen. Der Ort wird halt viel besucht von italienischen und auch ausländischen Touristen. Sie alle haben nur zweierlei im Sinn: entweder den Besuch beim heiligen Benedikt oder den Einkauf kulinarischer Genüsse. Norcia ist nämlich über Italien hinaus für seine Schwarzen Trüffel und Schweinswürste bekannt. Die haltbaren Würste aus Norcia wurden früher von fliegenden Händlern in ganz Mittelitalien verkauft. Daher werden noch heute Feinkostläden in Italien als Norcineria bezeichnet. Norcia ist überwiegend flach und eben, die Straßen haben ein gutes Pflaster, sie sind also sehr geeignet für einen Spaziergang auch für Rollstuhlfahrer.
Nach einem letzten Espresso am Stadttor haben wir unseren Bummel durch den Ort beendet und uns auf den Weg zurück in die Locanda gemacht. Es war ein runder Tag mit wunderbarem Wetter, vielen schönen Eindrücken und ein sehr empfehlenswerter Tagesausflug!
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Christoph Preuss (Sunday, 22 September 2019 07:29)
Ja das klingt sehr schön, aber es war einmal! Das Erdbeben im August und Oktober 2016 hat diese Region schwer getroffen. Gerade die Bauern in Castelluccio leiden sehr unter den Folgen, sie sind von der Regierung alleine gelassen. Gemeinsam mit dem Kloster in Schäftlarn versuche ich die Menschen in diesem Dorf zu unterstützen. Wer näheres wissen will und hier mit Helfen kann, der meldet sich bitte bei mir unter ch.preuss@t-online.de
Zypresse (Monday, 01 June 2015 07:41)
Ab dem übernächsten Jahr dann wohl... die Locanda ist auch für Kinder schön, ruhig, viel Grün und etliche freundliche Katzen ;-)
Janine (Friday, 29 May 2015 18:37)
Hmmmm, das klingt ganz wunderbar. Italien steht auf jeden Fall noch meiner "to-do"-Liste. LG Janine