Die Marken sind, das werde ich nicht müde, immer wieder zu schreiben, ein deutlich unterschätztes Stück Italien. Und mit der Stadt Ascoli Piceno ist das im Besonderen so. Ganz bestimmt: Wer „bella Italia“ liebt, wird sich in Ascoli Piceno verlieben. Die italienische Partnerstadt von Trier ist ein Geheimtipp für alle Italienfans.
Sie liegt in einer Mulde des fruchtbaren Tronto-Tals und ist von einer abwechslungsreichen Hügellandschaft mit Olivenhainen umgeben. Ascoli Piceno ist eine Stadt der Kunst und Kultur, Harmonie und Eintracht kennzeichnen das Stadtbild. Dies liegt daran, dass fast durchgehend als Baumaterial Travertin genutzt wurde: für die schlichte Häuser ebenso wie für Adelssitze oder Kirchen und zum Pflastern der Plätze.
Der alte und der moderne Teil Ascolis haben zwei verschiedene Zentren, die Piazza del Popolo und die Piazza Arringo. Auf dem ersten Platz befand sich das alte Forum und der Sitz der Capitani del Popolo, der zweite hat sich später als wirtschaftlich-politisches Zentrum entwickelt und hier befinden sich der Dom und der Bischofspalast.
Piazza del Popolo in Ascoli
Wir fanden einen Parkplatz im historischen Zentrum und begannen mit der Eroberung der wirklich hübschen Stadt. Rasch erreichten wir den Mittelpunkt der Stadt, die Piazza del Popolo, übersetzt „Platz des Volkes“: Das ist er für die Ascolaner in der Tat auch. Wirklich ein sehr eindrucksvoller, schöner, wohlproportionierter Platz, der uns sofort in seinen Bann zog. Er hat eine schöne Größe, hat einige Cafés und Bars (aber nicht zu viele), hat Geschäfte für Mode, Haushalt, Geschenke. Das Pflaster ist glatt poliert von den vielen Füßen, die über den Travertin gelaufen sind. Ein Platz zum Verweilen, zum Schauen, ein Ort für Begegnungen und Feste. Kaum hatten wir ihn betreten stellte ich fest „dieser Platz wirkt wie das Wohnzimmer der Stadt“ - nur um beim anschließenden Mittagsimbiss im Cafe Lorenz auf der Speisekarte zu lesen, ich befände mich im „salotto“ (auf Deutsch: Wohnzimmer, Salon) von Ascoli Piceno. Schön, wenn man so unbewusst die örtlichen Werbeslogans der Touristiker vorhernimmt.
Unser Mittagsimbiss im Cafe war fein, der Service freundlich und das Ambiente von zahlreichen Ascolanern, wenigen Touristen und etlichen Studierenden der Universität geprägt. Wir testeten natürlich die Spezialität der Stadt: frittierte Oliven. Es handelt sich um entkernte Oliven, die mit Fleisch, Leber und Tomaten gefüllt und dann paniert und frittiert werden. Sie können auch als Vorspeise oder kleine Snacks serviert werden. Lecker, pikant und ganz sicher keine Diätspeise. Und was gab es noch? Einen ausgesprochen schmackhaften Salat aus „Farro“ (Grünkern) und ein saftiges Lammragout.
Doch dann war es an der Zeit, uns den Sehenswürdigkeiten zuzuwenden. An der Piazza del Popolo stehen der „Palazzo dei Capitani del Popolo“ aus dem 13. Jahrhundert und die gotische Hallenkirche „San Francesco“. An der rechten Seite angebaut die „Loggia dei Mercanti“, die Markthalle und ein Renaissance-Kreuzgang, in dem vormittags ein Markt stattfindet. Zu guter Letzt sehenswert und in allen Reiseführern erwähnt: das Cafe „Meletti“ . Es ist die Heimat des örtlichen Anislikörs und in den Toiletten des Jugendstilkaffeehauses finden sich unter den (durchsichtigen) Waschtischen Überreste von Mauern aus römischer Zeit.
Piazza dell’Arringo in Ascoli Piceno
Jean Paul Sartre sagte einmal, durch die Straßen von Ascoli Piceno zu spazieren sei wie durch ein Buch zu blättern und die repräsentativsten, anschaulichen Beispiele italienischer Kunstgeschichte zu entdecken.
Beim Schlendern durch die Seitenstraßen und schmalen Gassen konnten auch wir uns der zauberhaften Stimmung des Ortes nicht entziehen. Die Gebäude, Straßen, Plätze erzählen eine lange Geschichte: von den mittelalterlichen Fassaden der Häuser bis zu dem dichten Geflecht der Straßen und Gassen. Und so erreichten wir dann auch den zweiten Platz, der das Stadtbild prägt. Die Piazza dell’Arringo ist nicht ganz so wohlproportioniert, etwas zu langgestreckt, um gemütlich zu sein - aber ohne Zweifel auch eine sehenswerter Platz. Das liegt natürlich an den umgebenden Gebäuden.
Der Dom „Sant’Emidio“ war ursprünglich ein romanisches Bauwerk, das mehrfach umgebaut wurde. Gleich neben dem Dom steht das frühromanische Baptisterium, ein achteckiger Bau. An der Piazza befindet sich auch der Palazzo Comunale, in dem sich das städtische Kunstmuseum befindet, unter anderem mit Werken von Cola dell’Amatrice, Crivelli und Tizian.
An diesem Tag beschlossen wir unseren Ausflug mit einer Fahrt entlang der Adriaküste und einem leckeren Abendessen mit frischem Fisch an der Promenade von Civitanova Marche, bevor wir über die gut ausgebaute Schnellstraße SS77 in die Locanda zurückkehrten. Ein rundum gelungener, erinnerungswerter Urlaubstag lag hinter uns.
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