Robben Island - Mandelas Gefängnisinsel vor Kapstadt

Robben Island - Hafen
Robben Island - Hafen

Robben Island ist eine Insel in der Tafelbucht im Atlantik etwa zwölf Kilometer vor der südafrikanischen Küstenstadt Kapstadt und 6,9 km vom nächstgelegenen Festlandsabschnitt bei Bloubergstrand. Die frühere Gefängnisinsel wurde Mitte der 1990er Jahre zu einem Natur- und Nationaldenkmal, das frühere Gefängnisgebäude zu einem Museum umgestaltet. In dem einstigen Gefängnis hat Nelson Mandela 18 Jahre als Häftling in einer vier Quadratmeter großen Einzelzelle verbracht.

 

Immer wieder lese ich die Frage, ob Robben Island einen Besuch denn wirklich lohnt.

 

Ich finde: in jedem Fall. Zum einen kann man Südafrika als Land, seine Menschen nur verstehen, wenn man sich auch, zumindest ein wenig, mit seiner Geschichte beschäftigt. Und das klappt auf Robben Island sehr anschaulich. Zum anderen ist aber auch die Fahrt dorthin mit dem Fährschiff immer ein Erlebnis.

Mit der Fähre nach Robben Island

Das Nelson Mandela Gateway an der V&A Waterfront
Das Nelson Mandela Gateway an der V&A Waterfront

Die Abfahrtsstelle der Fährboote befindet sich direkt an der V & A Waterfront am Nelson Mandela Gateway in Kapstadt. Hier gibt es einen Security Check und eine professionelle Abfertigung aller Reisegäste.Die Tickets kann man im Internet vorbestellen - und das sollte man auch tun. Nicht selten sind nämlich alle Fahrten für die nächsten paar Tage bereits ausgebucht und dann müsste dieser Punkt eurer Reiseplanung entfallen.

 

Die Überfahrt dauert etwa 30 Minuten. Als wir nach Robben Island fuhren war es recht stürmisch und das Meer sehr unruhig. Ich habe auf dem Oberdeck gesessen und die Fahrt eigentlich recht gut und entspannt genießen können - in der Schulklasse auf dem Unterdeck gab es doch die ein oder andere Schülerin, die erheblich mit Seekrankheit zu kämpfen hatten.

 

Während der Überfahrt nach Robben Island gab es immer wieder wunderschöne Ausblicke, zunächst auf den Hafen und die Waterfront und später vermutlich sogar fast die besten Aussichten auf das Panorama Kapstadts mit dem Tafelberg.

Besuch des Gefängnisses auf Robben Island

Start der Führung durch Robben Island
Start der Führung durch Robben Island

Beim Verlassen des Bootes wurden wir sofort in Gruppen für die bereits wartenden Busse aufgeteilt. Ein Teil von den Passagieren beginnt mit einer Rundfahrt über die Insel zu allen historischen Orten, der andere Teil beginnt, wie auch wir, mit dem Besuch des Gefängnisses.

 

Wir verließen den Hafen durch das Tor über dem immer noch auf Afrikaans und Englisch das Motto der Wärter „Wir dienen mit Stolz“ hängt.

 

Im Gefängnis angekommen nahm uns ein ehemaliger politischer Häftling, der immerhin 7 Jahre seines Lebens bis 1990 auf Robben Island im Hochsicherheitsgefängnis verbrachte, in Empfang. Er führte uns zum ersten Gebäude und begann mit seiner Erzählung. Schon im Eingangsbereich berichtete er uns, dass sich alle neu ankommenden Häftlinge komplett entkleiden mussten, um die Gefängniskleidung anzulegen. Dann wurden sie in vier Gruppen aufgeteilt: A – D, wobei Insassen in Sektor A die meisten Privilegien, Sektion D die wenigsten Vergünstigungen hatten. Kontakte zu Häftlingen aus einem der anderen Bereiche gab es nicht und die Rassentrennung setzte sich auch hier in all ihrer Brutalität fort. Robben Island war das berüchtigtste Gefängnis Südafrikas für politische Häftlinge.

 

Der nächste Punkt unseres Rundganges ist eine großen Zelle. Hier konnten wir als Besucher Platz nehmen während er vom Alltag im Gefängnis auf Robben Island berichtete. In diesem Raum wurden 60 Menschen gefangen gehalten, an Privatsphäre oder eine Möglichkeit zum Rückzug war nicht zu denken. Bereits gegen 14.30 Uhr gab es Abendessen – die letzte Mahlzeit am Tag. Wasser gab es nur an drei Tagen der Woche: Montags, mittwochs und samstags. Warmes Wasser gab es überhaupt nicht – auch nicht im kalten Winter. Ein Arzt kam nur einmal pro Woche: Mittwochs. Wurde man an einem anderen Tag krank hatte man eben Pech gehabt. Bei harter Arbeit im Steinbruch waren die Gefangenen oft nur unzureichend gekleidet und sie mussten auf dünnen Strohmatten auf dem kalten Steinfußboden schlafen. Sommers wie Winters wurde die gleiche Kleidung getragen: kurze Hosen und T-Shirts, keine Schuhe.

Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island

Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island
Nelson Mandelas Zelle auf Robben Island

Natürlich führte uns unser Rundgang auch in den  Sektor B. Hier befand sich Nelson Mandelas Zelle mit der Nummer 5. Man erreicht sie durch einen langen und schmalen Gang. Die Einzelzellen links und rechts sind ebenfalls klein, eng, bedrückend. Mit den Händen kann man die Wände fast gleichzeitig berühren, so klein sind die Zellen.

 

In der Zelle 5 hat Nelson Mandela als Häftling Nummer 466/64 (also der 466ste Gefangene des Jahres 1964), 18 Jahre seines Lebens verbracht. Seine Post wurde zensiert, die Zahl seiner Besuche war auf eine halbe Stunde pro Jahr beschränkt.

 

Jetzt lag in seiner Zelle nur eine Decke am Boden, daneben standen ein Hocker mit dem Blechgeschirr zum Essen und ein Toiletteneimer. Als Mandela hier lebte hatte er immerhin ein Bett, einen Tisch, ein Regal mit Büchern und Fotos von seiner Familie in der Zelle. Im Jahr 1971 schafften es die Gefangenen nach Streiks und Protesten unter der Führung Mandelas, humanere Haftbedingungen durchzusetzen. Mandela selbst nutzte seine Freizeit zur Fortbildung und rief auch seine Mitgefangenen dazu auf. Daher stammt der Name Mandela University. Der erste Teil von Mandelas beeindruckenden Memoiren

 

Der lange Weg zur Freiheit*

 

entstand hier. Und bei der ganzen Führung durch das Gefängnis merkte man immer wieder, wie stolz unser Guide auf seinen ehemaligen Mithäftling und den späteren Präsidenten war, es klang in kleinen Randbemerkungen ebenso durch wie in der Art, wie er Mandelas vollen Namen ehrfurchtsvoll betonte.

Rundfahrt zu weiteren historischen Orten auf Robben Island

Bus für die Rundfahrt über Robben Island
Bus für die Rundfahrt über Robben Island

Nach dem Ende unseres beeindruckenden Rundganges durch das Gefängnis auf Robben Island ging es für uns auf zu einer Rundfahrt mit dem Bus zu weiteren historischen Orten auf der Insel. Und davon gibt es einige:

  • die Straßen, über die wir fahren, wurden von Gefangenen mit Material aus dem Steinbruch gebaut
  • auch am Steinbruch kommen wir vorbei, die Arbeit hier war nicht nur hart, sondern vor allem im Winter waren die hier arbeitenden Gefangenen extremen  Bedingungen ausgesetzt. Zudem setzte der weiße Kalkstein feine Staubpartikel frei, die Lunge und Augen verätzten. Zusammen mit der zum Teil sehr starken Sonneneinstrahlung führte dies bei zahlreichen Häftlingen dazu, dass ihre Augen bis zur Blindheit geschädigt wurden. Auch Nelson Mandela durfte deshalb nur ohne Blitz fotografiert werden.
  • die Insel hat bis in das 20. Jahrhundert hinein einmal als Leprakolonie gedient, daher gibt es einen Friedhof der Lepraopfer und auch die von ihnen erbaute anglikanische Kirche "Church of the Good Shepherd"
  • auf der Insel gibt es auch noch die Garrison Church und den Kramat, einen muslimischen Schrein
  • der Widerstandskämpfer Robert Sobukwe, Führer des Pan African Congress wurde von 1963 bis 1969 unter besonders strengen Bedingungen in einem Haus in Einzelhaft gefangen gehalten
  • es gibt zahlreiche Stellungen aus dem zweiten Weltkrieg zu sehen
  • die Gefängniswärter mit ihren Familien wohnten in einem eigenen Dorf auf der Insel

Ein überraschendes Treffen mit Christo Brand

Christo Brand bei einem kurzen Gespräch in unserem Bus
Christo Brand bei einem kurzen Gespräch in unserem Bus

Ich ahne schon die meisten Gesichter, die fragenden Blicke: wer ist das denn nun? Muss man den kennen?

 

Na ja, muss man wohl nicht. Allerdings kommt man an Christo Brand kaum vorbei, wenn man sich mit Mandelas Lebensgeschichte befasst. Warum?

 

Christo Brand wurde 1960 in Johannesburg geboren. Als Sohn eines weißen Farmers wuchs er in einer Landarbeitergemeinde auf, die Afrikaans sprach, die Apartheid unterstützte und kaum mit der schwarzen Bevölkerung in Berührung kam. Um nicht zum Militärdienst eingezogen zu werden bewarb er sich 1978 für den Dienst als Gefängniswärter auf Robben Island. Und hier kreuzten sich die Wege von Christo Brand und Nelson Mandela. Diese beiden Menschen mit so ungleichen Voraussetzungen, der damals 60 jährige politische Gefangene und der erst 18jährige Wärter, der Mandelas Post zensieren musste, sie hätten Feinde werden können. Doch zwischen ihnen entwickelte sich im Lauf eines Jahrzehnts, das sie gemeinsam im Gefängnis verbrachten, eine außergewöhnliche Freundschaft.

 

Christo Brand war auf der Insel, als wir unsere Rundfahrt machten - und er kam auf ein paar Worte und einige Fragen zu uns in den Bus. Ein ganz sicher eindrucksvolles und ungewöhnliches Erlebnis. Er sprach offen über sein Verhältnis zu Mandela, schilderte einige Anekdoten, die man auch in seinem Buch

 

Mandela. Mein Gefangener, mein Freund*

 

nachlesen kann. Mich hat es sehr beeindruckt, mit einem Menschen sprechen zu können, der eine so faszinierende, menschlich und politisch bedeutsame Person der Weltgeschichte wie Nelson Mandela persönlich gekannt und erlebt hat.

 

Zurück am Hafen endete unsere Rundfahrt über die Insel. Sie hat außer diesen zahlreichen historischen Zeugnissen auch für Naturliebhaber einiges zu bieten, denn sie ist auch ein Naturschutzgebiet mit Raum für die namensgebenden Robben und für Pinguine, zahlreiche Seevogelarten sind hier zu Hause.

 

Unser Fazit nach dem Besuch: alle vier, egal ob zum zweiten Mal auf Robben Island wie der Gatte und ich, ob zum ersten Mal hier wie Leuchtbiene oder auch die Jüngste in der Gruppe, die Nichte, waren wir von unserem Besuch berührt, haben uns die Schilderungen und was wir zu sehen bekamen nicht unbeteiligt gelassen. Man erlebt ein Stück Zeitgeschichte hautnah - und durch die Führung durch einen ehemaligen Häftling auch sehr persönlich und eindrucksvoll. Und irgendwie gehörte dazu auch, dass die Führung davon geprägt war, das eben kein pädagogisch und rhetorisch geschulter Museumsmitarbeiter mit und zu uns sprach, sondern ein "ganz normaler, ehemaliger Häftling".

Barrierefreiheit und weitere Informationen

Busse haben einen Rollstuhllift auf Robben Island
Busse haben einen Rollstuhllift auf Robben Island

Die Tour nach Robben Island ist weitestgehend barrierefrei. Rollstuhlgerechte Toiletten gibt es im Mandela Gateway und später im Hafen von Robben Island. Man plant die Fährüberfahrt ggf. um, damit Rollstuhlfahrer das leichter zu besteigende Boot nehmen können; das bedeutet u. U. eine etwas längere Wartezeit am Gateway. Auf der Insel selbst findet die Rundfahrt mit Bussen statt, diese haben alle einen eingebauten Rollstuhllift. Im Gefängnis ist der Rundgang im wesentlichen ebenerdig, es gibt einige Rampen, die teilweise ein wenig steil sind, allerdings gibt es immer genug helfende Hände.

 

Tickets (ZAR 320 für Erwachsene und ZAR 180 für Kinder) sollte man rechtzeitig vorher im Internet bestellen. Die Tickets sind oft ausverkauft, auch wenn es manchmal Resttickets direkt an der V & A Waterfront am Nelson Mandela Gateway gibt.

 

NELSON MANDELA GATEWAY

PO Box 51806

V&A Waterfront

Cape Town 8002

infow@robben-island.org.za

T +27 (0)21 413 4200

F +27 (0)21 419 1057

 

Falls Ihr Euch nach dem Besuch von Robben Island (oder vielleicht auch schon vorher) mit der Biografie Nelson Mandelas beschäftigen wollt, dann empfehle ich Euch die zwei schon oben genannten Bücher

 

 

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