Auf unserem Weg an die Westküste sind wir ihn gefahren, den State Highway 6 in Neuseeland. Es ging hinauf zur Passhöhe des Haast Passes, vorbei an den tiefblauen Seen Lake Hawea und Lake Wanaka. Der Pass ist Teil der Hauptstrecke vom Franz-Josef-Gletscher zur Westküste und weiter auf der Südinsel Neuseelands. Wie fast alle Touristen haben auch wir fast zwangsläufig diesen Pass überquert.
Er ist die südlichste und mit nur 563 m über dem Meer auch die niedrigste Passstraße über die Südalpen in Neuseeland. Die Straße folgt einem Weg durch den Mt. Aspiring National Park an die Westküste, den die Māori seit Alters her zum Transport von Jade benutzt haben. Benannt ist der Pass und der Highway nach Julius von Haast, der ihn als erster Europäer bezwang. Der Pass wurde erst 1965 für den öffentlichen Verkehr freigegeben.
Kurz nach der Passhöhe erreichten wir die fast direkt neben der Straße liegenden Fantail Falls. Sie sind nicht überragend hoch, nur recht bescheidene 23 Meter hat der Wasserfall. Hübsch aber ist er und vor allem: leicht zugänglich. Die Fantail Falls fallen hinab in den kristallklaren Haast River.
Ich bin dorthin spaziert, auf einem flachen und gut ausgebauten Weg durch den Uferwald mit hohen Bäumen und eindrucksvollen Farnen bis zu einem Aussichtspunkt. Von dort aus kann man das Flussbett und den Wasserfall gut sehen. Soweit ist diese Sehenswürdigkeit auch für nicht so mobile Menschen gut erreichbar. Der Wasserfall befindet sich allerdings auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses. Man kann recht einfach in das Flussbett mit seinen vielen rundgeschliffenen Steinen hinabsteigen und kommt so näher an den Wasserfall heran; wer möchte kann vorsichtig den Fluss überqueren und bis zum Wasserfall gehen.
Auffällig im Flussbett bei den Fantail Falls fand ich, dass es dort unglaublich viele Steinmännchen gab. Alle gewachsen, weil Besucher*Innen immer wieder die schönen, handschmeichelnden Steine haufenförmig aufeinander gelegt haben. Ganz unterschiedliche Formen hatten die Figuren, verschiedene Gestalten von Säulen oder auch ganz spitz nach oben zulaufend. Und faszinierend anzuschauen waren sie alle Male!
Steinmännchen oder Steinmanderl sind eigentlich eine archaische Form des Wegzeichens. Sie sind weltweit verbreitet und sollen insbesondere in unwegsamem und unübersichtlichem Gelände die Orientierung erleichtern. Bekannt sind sie auch, aus dem Himalaya zum Beispiel, weil mit ihnen religiöse Gebräuche verbunden sind.
Warum aber bauen Menschen solche Steinmännchen an einem Ort, der nun ganz sicher keine Wegmarkierung benötigt? Vielleicht aus purer Langeweile? Oder um ein Zeichen zu hinterlassen: seht mal, ich war hier? Oder um damit eine gewisse Verbundenheit mit dem Ort auszudrücken?
Ich weiß es nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass eine so große Ansammlung von Steinmännchen nicht so unproblematisch ist? Schließlich werden die Steine aus ihrer eigentlichen Lage entfernt und können nicht mehr als natürliche Bodenbefestigung dienen. Oder ist im Flussbett die Stein- und Schotterschicht so dick, dass mit der nächsten Schneeschmelze, dem folgenden Hochwasser alles wieder verschwunden ist? Dann würde unsere symbolische Inbesitznahme der Umwelt ja ohne Folgen bleiben.
Ich weiß es nicht, vielleicht könnt Ihr mir bei der Aufklärung dieses Rätsels helfen?
Informationen
Die Fantail Falls sind 87 km oder rund eine Stunde Autofahrt von Wanaka entfernt. Der State Highway 6 ist gut ausgebaut, wenn auch kurvenreich. Hinter der Passhöhe kommt dann recht bald auf der rechten Seite ein Schild "Fantail Falls" und ein Parkplatz. Es gibt dort keine Toiletten oder einen Kiosk.
Der Spaziergang vom Parkplatz zum Fantail Falls Aussichtspunkt dauert knappe zehn Minuten. Der Weg ist auch für Kinderwagen oder Rollstühle oder für Menschen geeignet, die nicht so gut zu Fuß sind.
Katja vom WellSpaPortal sammelt übrigens Steinmännchen und die Geschichten dazu.
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Beate (Monday, 10 July 2017 07:52)
... und warum zünden (auch ungläubige) reisende Menschen Kerzen in Kirchen an? Warum opfern Christen in asiatischen Tempeln Blumen und Obst? Warum werfen Menschen Münzen in Brunnen und ritzen ihre Namen in Bäume und Mauern?
Ich denke, das ist ein Ausdruck von "I was here" – aber auch von Dank und Bitte gleichzeitig. Wobei vor allem bei den Steinmännchen auch noch Nachahmungs- und Spieltrieb hinzukommen. Aber wissen tue ich es auch nicht ;-)
Zypresse (Monday, 10 July 2017 09:09)
Kerzen oder Opfergaben... hab ich noch nie gemacht... Münzen in Brunnen hilft zumindest In Rom bei der Finanzierung sozialer Projekte (aber auch dort: keine Münze von mir im Trevi Brunnen - und ich war dennoch schon mehrfach in der ewigen Stadt). Und Sachbeschädigung durch Ritzen in Bäume oder Mauern? Das geht ja mal gar nicht! Aber Du hast Recht, liebe Beate, viele Touristen machen das. Nachahmung und Spielen - ja, das kann ich mir am ehesten vorstellen.
Danke für Deine Gedanken und eine schöne Woche!