Einer unserer Tagesausflüge während der diesjährigen Italienreise führte uns aus den Marken über die Grenze in die Region Umbrien. Es ging nach Gubbio. Gubbio ist eine Stadt mit rund 30.000 Einwohnern. Sie werden Eugubini genannt.
Schön ist es in Gubbio, das Zentrum ist mittelalterlich und von engen Straßen und gotischen Bauten geprägt. Eng schmiegt es sich an den Hügel und die Häuser und Palazzi sind wahre Meisterwerke der mittelalterlichen Architekten. Das herausragendste Beispiel ist der Palazzo dei Consoli an der Piazza Grande.
Und sonst? Die Stadt ist auch Bischofssitz und in Gubbio wurde Federico da Montefeltro, der Herzog von Urbino, einer der erfolgreichsten Condottieri der italienischen Renaissance geboren.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Gubbio zum Schauplatz eines Massakers der deutschen Wehrmacht. Soldaten der 114. Jägerdivision erschossen als Vergeltungsmaßnahme für einen Partisanenangriff am 22. Juni 1944 40 Einwohner des Ortes.
Am Rande der Stadt, neben einem kleinen Einkaufszentrum steht das Mausoleo dei 40 martiri. In dem schlichten Bau ruhen die vierzig Bürger Gubbios, Männer und Frauen jeden Alters, die von deutschen Wehrmachtsangehörigen in einer Vergeltungsaktion erschossen wurden.
Wir begannen unsere Runde durch die Stadt direkt an der Stadtmauer, denn dort hatten wir einen schattigen Parkplatz gefunden. Über die Via Cavour, schattig, ruhig und mit typischen mittelitalienischen Läden des alltäglichen Bedarfs erreichten wir die kleine Piazza vor der Kirche San Domenico. Hier war es nach der Fahrt erst einmal Zeit für eine kurze Pause und ein kühles Getränk.
Von hier aus schlenderten wir zunächst noch ein wenig durch die Gassen der unteren Stadt. Aber irgendwie wollten wir ja zur Piazza Grande. Es gab keine andere Möglichkeit: hinauf über manchmal ein wenig holpriges Kopfsteinpflaster, möglichst immer auf der schattigen Seite der Via Consoli ging es steil bergan. Unterwegs mussten wir eine Pause einlegen, vom Schieben des Gatten war ich dann doch ein wenig aus der Puste gekommen. Aber wir haben ihn erreicht, den berühmten Palazzo an der großen Piazza.
Dabei liegt er doch tatsächlich "nur" auf halber Höhe des Berges, der Palazzo dei Consoli. Von unten, aus der Ferne sieht man ihm gar nicht an, in welch extremer Hanglage er errichtet wurde. Er ist buchstäblich zum größten Teil „in die Luft hinein“ gebaut worden. Er wird in der Literatur als einer der bedeutendsten mittelalterlichen Kommunalpaläste und als eines der kühnsten Bauwerke des italienischen Mittelalters gewertet. Er wurde im Jahr 1332 höchstwahrscheinlich vom Stadtarchitekten Matteo di Giovannello Gattapone erbaut.
Im Palazzo ist heute nicht mehr die Stadtverwaltung untergebracht, nein dort befindet sich ein Museum. Das bedeutendste Exponat dort sind die Iguvinischen Tafeln, sieben Tafeln aus Bronze, die in Gubbio 1444 entdeckt wurden. Sie sind das wichtigste Zeugnis für Religion und Sprache der Umbrer.
Zu unserer Schande muss ich gesehen: wir waren nicht im Museum. Wie fast immer haben wir es auch in Gubbio geschafft, genau zur Schließungszeit über Mittag dort zu sein. Stattdessen haben wir gemütlich im Cafe auf der Piazza gesessen und es einfach genossen, in Italien sein zu können.
Es war so heiß, die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel. Zu weiteren sportlichen Leistungen hatten wir keine rechte Lust mehr. Also haben wir kurzerhand an der Piazza die kleine Besichtigungs-Tram, den Gubbio Express bestiegen und eine knappe Stunde lang eine bequeme Rundfahrt durch die Stadt mit Erläuterungen genossen.
Unterwegs erfuhren wir noch mehr über Gubbio. Denn was wäre eine italienische Stadt ohne ein Wunder? So etwas hat sich auch bei Gubbio zugetragen, wurde uns erzählt.
Hierher kam nämlich Franz von Assisi zu Besuch. In der Umgebung trieb ein großer Wolf sein Unwesen: er verschlang nicht nur Tiere, sondern auch Männer und Frauen. Franz beschloss, dem Wolf entgegenzutreten. Der Wolf rannte mit offenem Rachen auf den heiligen Franz und seinen Gefährten zu. Franz machte über diesen das Zeichen des Kreuzes und zahm wie ein Lamm legte dieser sich zu seinen Füßen.
Franz redeten dem Wolf ins Gewissen. Er habe zwar eigentlich Strafe verdient, aber lieber wolle Franz Frieden zwischen den Menschen und dem Wolf stiften. Er versprach, dass der Wolf künftig täglich sein Fressen durch die Menschen bekommen solle. Mit einem Hand- bzw. Tatzenschlag wurde der Pakt besiegelt. Bei der Rückkehr in die Stadt versprachen die verwunderten Einwohner künftig den Wolf zu ernähren. Und der Wolf lebte noch einige Jahre und ließ sich füttern, ohne jemand ein Leid zu tun und auch die Leute taten ihm nichts.
Zurückgekehrt auf die Piazza Grande haben wir dann den Aufzug Nummer 2 genommen. Er führt von dieser Ebene hinauf zur Kathedrale von Gubbio und dem Palazzo Ducale. Leider war der barrierefreie Eingang zur Kathedrale und Diözesanmuseum geschlossen, Klingel gab es auch keine, der einzige Weg war ein Trampelpfad bergan über eine Wiese - damit konnten wir hier nur die Aussicht genießen bevor wir wieder nach unten gefahren sind. Aufzug Nummer 1 brachte uns nachher zurück in die Unterstadt und so konnten wir am späteren Nachmittag gemütlich durch die Gassen und Straßen zurück zu unserem Auto schlendern.
Information und Barrierefreiheit
Gubbio als geeignet für Menschen zu bezeichnen, die nicht gut zu Fuß sind, einen Rollator oder einen Rollstuhl benutzen wäre wirklich frech. Die Stadt liegt eng an den steilen Hügel geschmiegt, es geht immerzu bergan oder bergab und das Pflaster ist ziemlich krumm.
Höhenunterschiede überwinden kann man mittels zweier Aufzüge in der Stadt
- von der VIA BALDASSINI zur PIAZZA GRANDE
- von der VIA XX SETTEMBRE zur CATTEDRALE-PALAZZO DUCALE
Aber Achtung: die Aufzüge sind nicht rund um die Uhr in Betrieb!
Zudem ist eine kleine Besichtigungs-Tram, der Gubbio Express, in der Innenstadt unterwegs. Sie funktioniert nach dem Muster der Hop on Hop off Busse und hat im letzten Wagen Platz für einen Rollstuhlfahrer. Diese Möglichkeit ist sicher der bequemste Weg, Gubbio zu entdecken.
Im Vorfeld unseres Besuches habe ich einen Zeitungsartikel über Gubbio gefunden, die FAZ war im Winter in Gubbio
Nachdem wir uns die steilen Gassen hinauf gekämpft hatten, haben wir im caffe ducale einen netten Imbiss genossen. Wir konnten draußen auf der Piazza sitzen, das Treiben um uns herum betrachten, den Blick genießen - und geschmeckt hat es uns auch.
caffe ducale
Piazza Grande, 5
06024 Gubbio PG
Offenlegung: Wir haben die Reise nach Mittelitalien, Unterkunft und Verpflegung aus eigener Tasche bezahlt. Hier ist nichts gesponsert worden. Da wir das Reiseziel, Sehenswürdigkeiten, Restaurants, Hotels usw. bewerben bzw. einen Besuch dort empfehlen, meinen nun verbraucherschützende Gerichte, wir müssten diesen Beitrag als Werbung kennzeichnen.
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Beate (Mittwoch, 16 August 2017 08:30)
Also, ich empfinde es überhaupt nicht als "Schande", ein Museum nicht zu besuchen und stattdessen das Leben auf der Piazza zu genießen … Mut zur Lücke! Und auch das mit der anschließenden bequemen Besichtigungstour per Tram gefällt mir gut; hätte ich genauso gemacht!
Zypresse (Mittwoch, 16 August 2017 10:13)
Vielen Dank für die Absolution, liebe Beate.
Na ja, ein wenig schlechtes Gewissen hat sich aber schon eingeschlichen. Immerhin sind die Tafeln im Museum ein nicht ganz unbedeutendes Kulturgut...
Liebe Grüße!