Die Ausläufer der Blue Mountains beginnen ca. 60 km westlich von Sydney. Große Teile der Berge wurden im Dezember 2000 vor allem wegen der Artenvielfalt der Eukalyptusbäume zum Weltnaturerbe der UNESCO erklärt. Die Blätter der Bäume verdunsten das ätherische Eukalyptusöl, dessen feiner Dunst über den Bergen liegt und den Bergen die bläuliche Tönung verleiht, die ihnen den Namen gab.
Geologisch handelt es sich bei den Blue Mountains um ein auch heute noch sichtbares Sandstein-Plateau, in das Flüsse tiefe Täler gegraben haben. Heute ist das Gebiet touristisch bestens erschlossen, es gibt Aussichtspunkte, Restaurants, Hotels, Freizeitparks.
Von Sydney aus führte uns der erste Abschnitt unseres Roadtrips mit dem für Rollstuhlfahrer umgebauten Mietwagen im Südosten Australiens genau hier hin und ich möchte euch heute mitnehmen zu einigen Attraktionen der australischen Blue Mountains.
Folgen der Buschfeuer
Die australischen Blue Mountains waren eines der Gebiete, die in der Saison 2019/2020 in besonderem Maße von den Buschfeuern betroffen waren. Dazu hatte ich damals bereits über unsere Überlegungen geschrieben, denn wir waren uns zunächst gar nicht so sicher, ob angesichts der Buschfeuer eine Reise nach Australien wirklich Sinn machen würde.
Tatsächlich haben wir einige Buschfeuergebiete gesehen, namentlich auf dem Weg nach Bilpin kamen wir durch ein wirklich ausgedehntes Brandgebiet. Es standen Schilder am Straßenrand „Thank you, firies“ – der Dank an die Feuerwehrleute. Einzelne Gebäude waren betroffen, es wurde kräftig daran gewerkelt. Wir konnten immer noch gut das Ausmaß der Brandkatastrophe erkennen, Baumstämme waren komplett schwarz verbrannt, Blätter gab es kaum. Aber wir konnten auch gut sehen, wie sich die Natur wieder zurückkämpfte: überall spross erstes frisches, junges Grün, trieben verbrannte Bäume und Sträucher wieder aus.
Scenic World in Katoomba
Fast einen ganzen Tag haben wir in Scenic World verbracht. Und ja, es ist eine kommerziell betriebene Touristenattraktion, aber sie lohnt einen Besuch. Gerade wenn man, wie wir mit dem Rollstuhl unterwegs ist bietet Scenic World gute Möglichkeiten, in Katoomba Natur und Landschaft der Blue Mountains zu erkunden. Und irgendwie können bei mehr als 1,2 Mio. Besuchern ja auch nicht alle irren.
Wobei, 1,2 Mio., das dürfte für 2020 kaum zu erreichen sein. Denn schon bei unserem Besuch im Februar war es zu spüren: deutlich weniger Besucher als üblich, vor allem kaum asiatische Reisegruppen haben wir in Scenic World getroffen. Grund dafür waren zum einen die vorherigen Buschfeuer, die wirklich zahlreiche Touristen bewogen hatten, ihre Reisen zu stornieren und auch bereits die ersten Reisebeschränkungen im asiatischen Raum wegen der Corona-Pandemie.
Aber zurück zum Freizeitpark Scenic World. Dort wurden wir herzlich von John in Empfang genommen. Er erklärte uns alles Wesentliche zur Anlage und insbesondere auch alles Informative zur Barrierefreiheit. Und das ist die Anlage wirklich ganz überwiegend (mit einer Ausnahme, aber dazu später): gut auch für mobilitätsbehinderte Personen, mit Rollstuhl oder Rollator zu nutzen.
Wir begannen unsere Runde durch Scenic World mit einer Fahrt mit der im Dezember 2004 eröffneten Scenic Skyway Seilbahn. Das ist eine einspurige Pendelbahn über die Schlucht 270 m oberhalb der Katoomba Falls. Sie wurde u. a. von Doppelmayr, dem Vorarlberger Weltmarktführer im Seilbahnbau, konstruiert und gebaut. Es gibt eine Kabine mit einem teilweisen Glasboden für 72 Fahrgäste. Die Fahrt ist toll, die Ausblicke in die Schlucht, auf den Wasserfall sind wirklich sehr beeindruckend. Durch den Glasboden kann man direkt in den tief unten liegenden Wald blicken. Auf der gegenüberliegenden Seite kann man aussteigen und einen Spaziergang zum nahegelegenen Echo-Point-Aussichtspunkt mit Blick auf die Three Sisters machen. Der Weg führt hier allerdings bergauf, wir haben davon also Abstand genommen und sind recht schnell wieder mit der Seilbahn über die Schlucht zurückgefahren.
Als Zweites haben wir uns mit der Scenic Cableway, einer 2000 errichteten Doppelmayr-Kabinenseilbahn mit einer Kabine für 84 Personen, über einen 25 m hohen Mast auf der Kliffkante auf den Weg zur Talstation im 200 m tiefer gelegenen Jamison Valley gemacht. Auch hier: tolle Aussicht, eine atemberaubende Fahrt in die Tiefe, wirklich sehr eindrucksvoll. Unten sind wir ausgestiegen und haben uns zu Fuß auf den gut angelegten Holzbohlenwegen mit zahlreichen Informationstafeln, Rastplätzen und Aussichtspunkten in den Wald der Blue Mountains in Richtung der historischen Kohlemine und der Talstation der Railway aufgemacht. So weit ist der Weg tatsächlich ohne Schwierigkeiten mit einem Rollstuhl zu befahren. Eingeschränkt ist die Besichtigung der alten Kohlemine, man kann nur von oben herabschauen, zu Fuß kommt man etwas näher heran. Nicht mit dem Rollstuhl erreichbar ist die Scenic Railway, hier kommt ihr nur über Stufen hin und einsteigen können auch nur Fußgänger, für Rollstuhl oder Rollator (oder auch Kinderwagen) ist hier kein Platz. Und so kam es, dass der Gatte sich allein zurück auf den Weg zur Talstation der Scenic Cableway gemacht hat und damit wieder nach oben schwebte.
Ich bin allein mit der Standseilbahn den Berg hinauf gefahren. Die Scenic Railway ist der steilste Schrägaufzug der Welt, mit einer Steigung von bis zu 52 Grad und einer Länge von 310 m. Sie wurde in den 1880er Jahren für den Bergbau konstruiert, um die Bodenschätze von der Talsohle des Jamison Valley nach oben zu transportieren. Die erste zweigleisige Schmalspur-Standseilbahn hatte eine Spurweite von 610 mm. Mit ihr wurden 1884 bereits 20.000 t Kohle transportiert. Die Loren wurden an der Bergstation in eine Kleinbahn umgeladen, mit der die Kohle dann ins 2 km entfernte Katoomba gebracht wurde, von wo sie mit der Eisenbahn nach Sydney transportiert wurde. Schon ab 1928 wurde die Standseilbahn an Wochenenden für den touristischen Personenverkehr genutzt. Nach der Stilllegung der Kohlengrube1945 kauften Harry Hammon und seine Schwester Isobel Fahey das Gelände und nutzten die Bahn weiterhin als Touristenattraktion. Sie wurde 2013 generalüberholt und erneuert. Meine Bergauf-Fahrt war ein Erlebnis: Es gab wirklich schöne Ausblicke – gleichzeitig war ich allerdings auch voll damit beschäftigt, mich aufrecht zu halten und nicht sitzend talwärts zu kippen. So steil hatte ich es nicht erwartet. Ein echtes Erlebnis und eine beeindruckende Ingenieurleistung.
Unser Fazit nach dem Besuch: ja, es lohnt sich wirklich. Das Konzept mag für uns ungewohnt sein, aber wir fanden es toll, die Natur und Landschaft der Blue Mountains mit den verschiedenen Attraktionen zu besichtigen. Die verschiedenen (Seil)bahnen kann man auch mehrfach nutzen und Platz für einen kleinen oder größeren Spaziergang gibt es ebenfalls. Wir hatten zudem Glück und gutes Wetter und eine gute Sicht auf die Berge. Zweifellos haben die Blue Mountains noch einiges mehr zu bieten. Da hatten wir dann zum Zeitpunkt unseres Besuches doch Einschränkungen hinzunehmen: Leider war fast alles zu und selbst Straßen noch gesperrt, wegen Aufräumarbeiten nach Buschbränden und den anschließenden Überschwemmungen/Erdrutschen. Die Zahl der rollstuhlgerechten Punkte ist angesichts der bergigen, wilden Natur ohnehin recht gering.
Allgemeine Informationen:
- Scenic World hat zwei Restaurants
-
- EATS270 mit Burgern, Wraps und saisonalen Spezialitäten ebenso wie Kindergerichte, halalen, veganen und vegetarischen Optionen
- TERRASSE CAFE serviert Kaffee und Tee, Backwaren und leichte Snacks und auch Wein und Craft-Bier
- Scenic World hat einen Shop für Kleidung, Beauty- und Wellnessprodukte, Souvenirs und Gourmet-Spezialitäten
- Die Nutzung von Drohnen – einschließlich Starten, Landen oder Bedienen – ist untersagt. Drohnen gefährden die Verkabelungen, beeinträchtigen den Betrieb von Scenic World, die Privatsphäre der Besucher und stören auch die Tierwelt.
Corner Violet Street & Cliff Drive
Katoomba NSW Australia
Was man sonst noch in den Blue Mountains machen kann*
Three Sisters
Nach dem Besuch von Scenic World haben wir uns mit dem Auto aufgemacht, die Three Sisters vom Echo Point, einer großzügigen Aussichtsplattform, zu betrachten. Die Felsformation der Three Sisters entstand vor etwa 200 Millionen Jahren. An den Three Sisters sind deutlich die waagerecht gelagerten Schichten der Sandsteine zu erkennen. Die Felsentürme sind durch Erosion entstanden: Die schlecht verkitteten Quarzkörner des Sandsteins wurden durch Wind, Regen und Wasser abgetragen; dabei entstanden vertikale Klüfte, bis Felsblöcke abbrachen und dabei die säulenartigen Three Sisters übrig blieben.
Eine australische Traumzeitlegende der Aborigines besagt, dass die drei Schwestern Meehni, Wimlah, und Gunnedoo hier mit ihrem Vater Tyawan, einem Zauberdoktor, lebten. Ihr Nachbar war ein Bunyip, ein sagenhaftes Tier, das nach Erzählungen der Aborigines in den Flüssen, Wasserlöchern und Sümpfen Australiens hausen soll. Eines Tages erschrak Meehni vor einem Tausendfüßler und warf einen Stein nach ihm. Der Stein rollte aber über die Klippen und weckte den Bunyip. Er war ärgerlich und ging wütend auf die Schwestern los. Deren Vater Tyawan verwandelte die drei Schwestern in drei Felstürme, um sie zu schützen. Daraufhin wandte sich der Bunyip gegen Tyawan, der sich selber in einen Leierschwanz verwandelte und davonflog. Leider verlor er unterwegs seinen Zauberknochen, den er auch heute noch sucht. Die drei Schwestern warten und hoffen, dass er ihn bald findet.
Bei der Aussichtsplattform Echo Point gibt es neben Sanitäranlagen ein Souvenirgeschäft und ein Restaurant. Hier haben wir einen schönen Blick in das Jamison Valley und auf die Three Sisters genießen können. Zu den Felsentürmen kann man auf einem Wanderweg gelangen, der über die Giant Stairways weiter hinunter ins Tal führt. Der Weg ist allerdings nicht für Rollstuhlfahrer geeignet.
Barrierefreiheit, Informationen, Cider und Speisen
Barrierefreiheit von Scenic World
- Natürlich gibt es ausgewiesene Behindertenparkplätze direkt am Haupteingang zu Scenic World, mehrere barrierefreie Toiletten und einen Aufzug im Hauptgebäude.
- Die Scenic Skyway Seilbahn ist für Rollstuhlfahrer zugänglich.
- Die Scenic Cableway Seilbahn ist für Rollstuhlfahrer zugänglich und mit dem rollstuhlgerechten Teilstück des Scenic Walkway verbunden. Dies ist etwa 380 Meter lang und befindet sich zwischen der Basisstation der Seilbahn und der Basisstation der Eisenbahn.
- Die Scenic Railway ist weder für Rollstuhlfahrer noch für Gäste mit Nacken- oder Rückenproblemen geeignet, sie fährt mit einer Höchstgeschwindigkeit von 16 km/h über eine Steigung von 52 Grad.
- Passagiere müssen in der Lage sein, eine aufrechte Sitzhaltung beizubehalten.
- Passagiere müssen in der Lage sein, sich für die Dauer der Fahrt unabhängig mit ihren Armen oder Beinen zu stützen.
- Passagiere müssen selbstständig in die Bahn ein- und aussteigen können.
- Kinderwagen und Mobilitätshilfen sind in der Bahn nicht gestattet.
Leura Garage
Während unseres Aufenthaltes in den Blue Mountains haben wir im Restaurant Leura Garage gegessen. Es hat einen ganz eigenen Stil und eine ungezwungene Atmosphäre. In der ehemaligen Autowerkstatt sind einige Werkstatt-Elemente als Dekoration mit eingeflossen, wie etwa eine alte Hebebühne, die nun als Weinregal dient oder alte Werkzeuge, die nun als Wanddekoration das Restaurant schmücken.
Der Service war schnell und freundlich, das Essen hat gut geschmeckt.
Leura Garage Cafe - Restaurant - Bar
Bilpin Cider
Obwohl viele Einrichtungen des Blue Mountains Nationalparks noch wegen der Brand- und späteren Unwetterschäden geschlossen waren, haben wir an einem Tag eine kleine Rundfahrt unternommen. Dabei war die Bilpin Cider Company ein toller Stopp auf unserer Route durch die Berge.
Nicht nur kann man hier mit fachkundiger Anleitung verschiedene Cider-Sorten probieren, es gibt auch einen schönen Garten mit Möglichkeiten zu einem gemütlichen Picknick im Grünen. Wir haben hier leckere Aufschnitt- und Käseplatten geteilt, Cider und Kaffee getrunken und es uns gutgehen lassen.
2369 Bells Line of Road,
Bilpin NSW
1300 BILPIN oder 1300 245746
Unsere Entdeckungstour durch die Blue Mountains hat Scenic World durch kostenlosen Eintritt für zwei Personen unterstützt. Ich bedanke mich ganz herzlich bei John dafür und für seinen sehr freundlichen Empfang. Sonst haben wir unsere Reise nach und in Australien selbst organisiert und bezahlt. Nicht nur deshalb bleiben Meinung und Bewertung wie immer meine ganz persönliche.
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Simba (Freitag, 19 Juni 2020 10:39)
Vielen Dank, dass du über deine Reise nach Australien hier berichtest! Sehr interessant und wirklich gut geschrieben, da bekommt man direkt Lust selber wieder mal in die Gegend zu verreisen. Das mit den Buschfeuern ist natürlich eine Sache die sehr betrüblich ist und teils auch besser hätte gehandhabt werden können. Aber umso schöner, dass man auf deinen Fotos sieht, dass sich die Natur bereits langsam wieder erholt!
Beate (Sonntag, 14 Juni 2020 09:01)
Vielen Dank, liebe Ulli, für den sehr interessanten Bericht. Es macht Spaß, in dieser Zeit mit ihren Reisebeschränkungen von irgendwann wieder möglichen Urlauben zu träumen und sich an vergangene zu erinnern.
So habe ich wieder in meinem Tagebuch vom Januar 1985 geblättert und gelesen, dass auch wir mit der "Scenic Railway" gefahren sind; das hatte ich fast vergessen. Was mir aber sehr lebhaft noch vor Augen steht, das ist die Fahrt "durch einen verwunschen Wald voller bizarrer Bäume und unbekannter Sträucher" zu einem Platz mit einer großartigen Aussicht, an dem wir wild gecampt haben. Tagebuchnotiz: "Das Ende der Welt. Stille. Nur drei Vögel und ein verspätetes, brummendes Insekt."
Ein ganz anderer Urlaub - und nach 35 Jahren auf diese Art nicht mehr durchführbar. Aber ich werte nicht: ich kann mir sehr gut vorstellen, irgendwann die Blue Mountains auch mit ihrer modernen "Scenic World" zu erleben. If I only had time …