Barrierefreiheit - was wir uns von Hotels, Restaurants und anderen wünschen

Barrierefreiheit - was wir uns von Hotels, Restaurants und anderen wünschen
Barrierefreiheit - was wir uns von Hotels, Restaurants und anderen wünschen

Auf Reisen, aber auch im Alltag, stoßen wir mit dem Rollstuhl (stoßen aber auch Reisende mit anderen Behinderungen) immer wieder auf Hürden. Viele davon wären nicht nötig, etliche wären recht einfach zu überwinden. Bei anderen braucht es nur ein wenig Nachdenken bei der Planung und sie würden nicht existieren. Ganz oft aber sind es auch einfach nur Gedankenlosigkeit, Nachlässigkeit oder fehlende Informationen, die das Reisen für uns schwieriger machen als es nötig wäre.

 

Ich habe daher einmal zusammengefasst, was wir uns von Reiseprofis wie Hotels, Veranstaltern, Tourismusbüros, Restaurants, Fluggesellschaften, Autovermietern usw. wünschen.

Lohnt sich Barrierefreiheit für Hotels, Restaurants überhaupt?

Barrierefreiheit nützt!
Barrierefreiheit nützt!

Der Markt der Angebote für Reisende mit einer Behinderung ist groß und er wächst. Barrierefreies Reisen ist ein Zukunftsmarkt. Das Fokussieren auf barrierefreie Angebote bietet den Akteuren der Touristikbranche und des Gastgewerbes große Chancen.

 

In Deutschland leben aktuell etwa acht Millionen Menschen mit einer Behinderung. Das sind 9,3 % der Bevölkerung oder etwa jeder elfte Bürger. Und auch altersbedingte Mobilitäts- und Sinneseinschränkungen erfordern einen höheren Bedarf an Barrierefreiheit. Dieser Bedarf wird durch den demografischen Wandel weiter ansteigen. Deshalb glaube ich: ja, Barrierefreiheit für Hotels, Restaurants und andere Touristikakteure lohnt sich!

 

Schon 2012 sind nach Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK von 140 Millionen Europäern, deren Mobilität eingeschränkt ist, jeder zweite in Europa auf Reisen gegangen. Die 15- bis 64-Jährigen unternahmen 340 Millionen Reisen, die über 64-Jährigen sogar 450 Millionen.

 

Menschen mit Behinderungen geben in Deutschland jährlich mehr als 1,5 Milliarden Euro im Tagestourismus und rund 1,6 Milliarden Euro allein für Übernachtungen aus.

 

editiert am 11.08.2022:

Behinderte Reisende geben allein in den USA 58 Milliarden Dollar pro Jahr aus. MMGY Travel Intelligence, ein auf die Reise- und Gastgewerbebranche spezialisiertes Forschungsunternehmen, befragte 2.375 Amerikaner mit Mobilitätseinschränkungen und präsentierte die Ergebnisse in „Portrait of Travelers With Disabilities: Mobility and Accessibility“. Warum lassen sich Hotels, Restaurants etc. auch hier in Deutschland einen so großen Marktanteil entgehen und achten nicht auf Barrierefreiheit?

Informationen über Barrierefreiheit

Suchkriterien bei Hotels.com
Suchkriterien bei Hotels.com

Die Suche nach Reisezielen, nach Hotels oder Restaurants, nach Sehenswürdigkeiten beginnt heutzutage für uns alle, auch für behinderte Menschen, immer öfter im Internet. Wenn Sie eine Homepage, ein Portal betreiben, sollten Sie also die wachsende Zahl von Menschen mit Handicap und deren Informationsbedürfnisse einbeziehen. Barrierefreiheit für Hotels, Restaurants und andere Touristikakteure lohnt sich nämlich.

 

Bei vielen Hotelbuchungsportalen kann man inzwischen als Suchkriterium auch Zimmer für mobilitätsbehinderte Gäste selektieren.

 

Behinderte Menschen sind Menschen wie Du und ich. Ihnen gegenüber (und natürlich auch für sie) gelten dieselben Umgangsformen und Höflichkeiten wie unter Nichtbehinderten. Fragen Sie, ob Hilfe erwünscht ist. Sprechen Sie immer mit dem behinderten Menschen selbst und nicht mit seiner eventuellen Begleitperson.

 

 

Auch auf der eigenen Homepage Ihres Hotels oder Ihres Restaurants, in der allgemeinen Gestaltung Ihrer Räume können Sie einiges tun, was Sie nichts oder nur kleine Beträge kostet, Ihren Gästen mit Handicap, behinderten Menschen allerdings einen Besuch um vieles leichter macht:

  • veröffentlichen Sie detaillierte Informationen zur Zugänglichkeit und Barrierefreiheit auf Ihrer Homepage und verstecken Sie diese nicht schamhaft
  • wenn sie stufenlos über einen Seiten- oder Hintereingang erreichbar sind: weisen Sie uns schon bei der Buchung darauf hin oder noch besser: schildern Sie Ihren Alternativzugang aus
  • stellen Sie barrierefreie Parkplätze bereit, ebenso auch Informationen zur barrierefreien ÖPNV-Anreise oder über Transportdienste vor Ort
  • eine Behindertentoilette ist kein Lagerraum, z. B. für Putzmittel oder Müllsäcke
  • Begleithunden sollte selbstverständlich Zugang gewährt werden; wenn es für sie dann noch eine Schale mit Wasser gibt, das wäre schön
  • und vielleicht denken Sie auch einmal über ein Training Ihrer Mitarbeiter zum Umgang mit Gästen mit Behinderung nach?

Denken Sie mit, helfen Sie weiter

barrierefreise Doppelzimmer
barrierefreise Doppelzimmer
  • Wir freuen uns, wenn Sie Informationen für behinderte Menschen haben
    • über rollstuhlgerechte Transportmittel, z. B. die Barrierefreiheit des Nahverkehrs
      oder entsprechende Taxidienste in Ihrer Stadt
    • über zugängliche Restaurants in Ihrer Nähe, in denen Sie uns einen Tisch für ein Abendessen reservieren können
    • über weitere Informationen für ein barrierefreies Sightseeing
  • Toll finden wir immer einen abgesenkten Rezeptionscounter, an dem die Rezeptionistin mit einem Rollstuhlfahrer sitzend und auf Augenhöhe kommuniziert
    • und wenn Sie keinen abgesenkten Counter haben: vielleicht treten Sie für das Gespräch mit dem Kunden im Rollstuhl einfach vor Ihre Rezeptionstheke?
  • Bieten Sie mobilitätsbehinderten Gästen, die einen Rollator oder Krücken benutzen, doch einen Sitzplatz für die Dauer des Check-in oder des Informationsgespräches an

  • Wir weisen auf unsere besonderen Bedürfnisse hin, wenn wir buchen. Und es mag Ihnen jetzt selbstverständlich erscheinen, das ist es aber leider (so unsere Erfahrung) nicht:
    • bitte nehmen Sie unsere Hinweise ernst,
    • bitte nehmen Sie diese zur Kenntnis,
    • bitte vermerken Sie diese an geeigneter Stelle in unserer Buchung und beachten diese auch.

  • Bitte vergeben Sie nicht Ihr barrierefreies Zimmer an andere Gäste oder verladen Sie nicht den Bordrollstuhl in den Frachtraum des Flugzeuges. Wenn ein Rollstuhlfahrer reist, benötigt er diesen möglicherweise während des Fluges (und dafür ist der Bordrollstuhl ja schließlich da, oder?).

Barrierefreie Hotelzimmer

barrierefreies Bad mit unterfahrbarer Dusche (roll in shower)
barrierefreies Bad mit unterfahrbarer Dusche (roll in shower)

Zur Barrierefreiheit von Hotelzimmern gehört auch z. B.

  • Bringen Sie in Kleiderschränken eine absenkbare Kleiderstange an und schaffen Sie vom Rollstuhl aus erreichbare Ablageflächen für Kleidung, Taschen etc.
  • auch Garderobenhaken oder der Türspion sollten idealerweise auf Rollstuhlhöhe angebracht und das Telefon erreichbar platziert sein
  • Ebenerdige Dusche, Haltegriffe und Duschhocker müssen nicht wie im Krankenhaus aussehen
  • Bringen Sie im Sanitärbereich Handtuchhalter in einer tieferen Höhe an
  • ein Duschkopf, sollte in erreichbarer Höhe für den Rollstuhlfahrer platziert sein. Instruieren Sie bitte auch Ihr Servicepersonal, dass Duschkopf und Handtücher sitzend erreichbar sein müssen.

Barrierefreie Restaurantbesuche

Restaurantbesuch
Restaurantbesuch

Bei Tischreservierungen in Restaurants wünschen wir uns, dass Sie als Gastgeber beim Thema Barrierefreiheit für behinderte Menschen auf folgendes achten

  • der Tisch sollte mit einem Rollstuhl erreichbar sein, sich also nicht auf einem Podest befinden und, ebenso wichtig, er sollte mit einem Rollstuhl unterfahrbar sein
  • toll wäre es, wenn Sie auch barrierefreie Speisekarten/Speisekarte in Großschrift/Speisekarte mit Bildern sowie Speisen für Gäste mit Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten im Angebot
    hätten
  • nützlich ist auch eine barrierefreie Toilette (nutzen Sie diese bitte nicht als Lagerraum, z. B. für Putzmittel, Gartenmöbel oder Müllsäcke)
  • ein hoher Bistrotisch, wie sie derzeit zunehmend in Mode kommen, ist für Rollstuhlfahrer völlig ungeeignet
  • wählen sie den zu reservierenden Tisch so,
    dass der Rollstuhlfahrer während seines
    Besuchs weder anderen Gästen noch dem Servicepersonal im Wege ist, also z. B. nicht in Durchgängen, vor Türen o. ä.
  • Hörbehinderte Gäste freuen sich über einen Tisch mit geringen Umgebungsgeräuschen

... und wenn Sie mehr tun wollen

  • Personen im Rollstuhl können Sie auf Wunsch bei der Überwindung von Stufen o.ä. Hindernissen behilflich sein. Ihr behinderter Gast nennt Ihnen die richtigen Handgriffe.
  • Gehbehinderten Menschen können Sie - auf Wunsch - behilflich sein z.B. beim Ein- und Aussteigen, beim Treppensteigen, beim Tragen, bei Eisglätte oder Schnee. Passen Sie bitte beim Mitgehen Ihr Tempo dem des behinderten Menschen an.
  • Handbehinderten Personen können Sie Hilfe anbieten z.B. beim beim Schneiden von Speisen, beim Bedienen von Türen, Fahrstühlen usw.
  • Einen blinden Menschen sollten Sie von vorne ansprechen, damit Sie erkannt werden. Er erschrickt, wenn Sie ihn ohne Vorbereitung berühren. Beim Gehen hakt der blinde Gast Sie ein, nicht umgekehrt. Sagen Sie an, wenn eine Stufe (auf- oder abwärts) oder ein anderes Hindernis kommt. Gegenstände in einer für die blinde Person unbekannten Umgebung zeigen Sie bitte durch Hinführen Ihrer Hand an das betreffende Objekt an. Erläutern Sie bitte gleichzeitig, was Sie sehen. Sprechen Sie ruhig und selbstverständlich von dem, was Sie sehen. Beschreiben Sie beim Essen, was es gibt, und fragen Sie dann, was der blinde Gast davon wünscht.
  • Sie müssen von hörbehinderten und gehörlosen Menschen gesehen werden, bevor Sie Ihnen Ihre Hilfe anbieten, sie erschrecken sonst. Stellen Sie sich so, dass Ihr Gesicht gut beleuchtet ist und Sie ihrem hörbehinderten oder gehörlosen Gast möglichst gegenüber stehen. Dann kann dieser Ihr Sprechen von Ihrem Mund ablesen. Sprechen Sie langsam und deutlich, in normaler Lautstärke und ohne Übertreibungen. Sprechen Sie in kurzen Sätzen. Schreiben Sie gern auch einmal Stichworte auf, wenn es um komplizierte Dinge geht.
  • Hören Sie sprachbehinderte Personen geduldig und selbstverständlich an. Sprechen Sie bitte deutlich und normal und bitte nicht in Kindersprache.
  • Geistig behinderte Menschen verstehen viel mehr, als Sie denken. Höflichkeit und Freundlichkeit im Kontakt zu geistig behinderten Gästen sollten daher ebenso selbstverständlich sein wie im allgemein menschlichen Umgang. Sprechen Sie bitte in kurzen und klaren Sätzen.

Zum Schluss habe ich noch ein paar Fragen:

Meine Fragen an die "Touristikprofis"

  • Haben Sie bereits Erfahrungen mit Barrierefreiheit gemacht? Wie sahen diese aus?
  • Was hindert Sie, durch einfache Maßnahmen mehr für reisende Menschen mit Behinderung zu tun?
  • Gibt es Themen rund um die Barrierefreiheit, bei denen Sie sich unsicher sind?

Meine Fragen an die anderen Leserinnen und Leser

  • Sind Euch, egal ob behinderter Mensch oder nicht, bereits Hindernisse auf Reisen begegnet und wie habt Ihr diese Hürden gemeistert?
  • Welche Fragen oder Tipps könnt Ihr noch ergänzen?

Kommentare: 0