Auch behinderte Menschen reisen gerne!

Auch behinderte Menschen reisen gerne!
Auch behinderte Menschen reisen gerne!

Hier auf dem Blog findet Ihr Berichte über unsere Reisen. Natürlich gibt es immer wieder auch Hinweise und Tipps, auf die der Gatte als Rollstuhlfahrer angewiesen ist und die wir gern auch anderen zugänglich machen wollen. Immer wieder einmal berichte ich auch davon, wie es ist, mit dem Rollstuhl zu reisen und dabei auf Hürden zu treffen. Viele Hindernisse wären nicht nötig, etliche wären recht einfach zu überwinden. Bei anderen braucht es nur ein wenig Nachdenken bei der Planung und sie würden nicht existieren. Ganz oft aber sind es auch einfach nur Gedankenlosigkeit, Nachlässigkeit oder fehlende Informationen, die das Reisen für behinderte Menschen schwieriger machen als es nötig wäre.

Ipsos hat zwischen April und Mai 2023 eine Online-Befragung von 370 Personen im Alter von 20 bis 70 Jahren, die eine oder mehrere Beeinträchtigungen haben, durchgeführt. Die Daten wurden innerhalb der Ipsos Teilhabe-Community erhoben, deren Mitglieder in ganz Deutschland verteilt leben. Die 900 Mitglieder der Teilhabe-Community sind Menschen mit dauerhafter körperlicher Beeinträchtigung, Sinnesbeeinträchtigung, chronischen Erkrankungen, Schmerzen, psychischen Problemen, Beeinträchtigung beim Lernen oder Orientieren im Alltag oder auch Suchterkrankungen. Die Teilnehmenden schätzen ihre Beeinträchtigung im Alltag anhand der WHO-Klassifikation zu Funktionsfähigkeit und Behinderung selbst ein. 

Abstriche bei der Reiseplanung für behinderte Menschen

Wanderung mit Rollstuhl am Wilden Kermeter in der Eifel
Wanderung mit Rollstuhl am Wilden Kermeter in der Eifel

Natürlich gibt es mehr Menschen mit Behinderung in Deutschland. Aktuell leben hier etwa acht Millionen Menschen mit einer Behinderung. Das sind 9,3 % der Bevölkerung oder etwa jede*r elfte Bürger*in. Auch altersbedingte Mobilitäts- und Sinneseinschränkungen erfordern einen höheren Bedarf an Barrierefreiheit. Dieser Bedarf wird durch den demografischen Wandel weiter ansteigen. Deshalb glaube ich: Barrierefreiheit für Hotels, Restaurants und andere Touristikakteure lohnt sich! Auch Matthias Tobies von Ipsos (Studienleiter) sagt ganz klar: Vor allem die ausführlichen Antworten auf unsere offene Frage zu Urlaubsassoziationen zeigen, dass Menschen mit Beeinträchtigungen eigentlich gern verreisen, sich jedoch teilweise durch Barrieren gebremst fühlen. Manche Hürden ließen sich wahrscheinlich durch Hotels und Reiseveranstalter mit wenig Aufwand abbauen, z. B. durch Angebote für Begleitpersonen oder Shuttle für Rollstuhlfahrer. Entscheidend ist, dazu die Meinung der Betroffenen selbst zu kennen, denn sie sind in diesem Bereich die Expertinnen und Experten.“ Was wir uns da von den Anbietern wünschen, könnt ihr hier nachlesen.

 

Reisen mit Rollstuhl braucht, falls es nicht stressig (und manchmal auch schwierig) werden soll, einiges, was vorher überlegt sein will. Wie wir unsere Reisen planen, das habe ich schon vor einiger Zeit für Euch aufgeschrieben. Natürlich bleibt nicht viel anders, als im Vorfeld zu recherchieren, welche Hotels barrierefreie Zimmer haben, welche Restaurants lecker und barrierearm sind, wo man umgerüstete Fahrzeuge anmieten kann, welche Attraktionen wie mit einem Rollstuhl erreichbar sind, und und und …

Dennoch ist nach unseren Erfahrungen das Reisen als Rollstuhlfahrer nicht schwierig und schon gar nicht unmöglich! Man kann fast überall auf der Welt Urlaub machen. Und an allen Orten trifft man auf hilfsbereite Menschen. Diese Erfahrungen haben wir immer wieder auf unseren Reisen gemacht. Ich finde es bedauerlich, dass die Umfrage ein viel pessimistischeres Bild zeichnet: Menschen mit Behinderung verreisen grundsätzlich gern, müssen bei der Urlaubsplanung allerdings häufig Abstriche machen. Mehr als jeder Dritte (38 %) unter ihnen gibt an, sich einen richtigen Urlaub gar nicht leisten zu können. Jeder Fünfte (21 %) ist durch seine Beeinträchtigung sogar generell an einer Urlaubsreise gehindert, so das Ergebnis der Umfrage.

 

Ein Drittel der Befragten (33 %) traut sich nicht, allein in den Urlaub zu fahren. Bei Menschen mit einer psychischen Erkrankung (42 %) ist dies sogar noch häufiger der Fall. So sagt beispielsweise ein Befragter: „Durch Depression, Angststörung, Panikattacken und Ganzkörperschmerzen möchte ich meinen geschützten Bereich nicht mehr verlassen. Wenn es mir seelisch besser geht, denke ich an die Zeit vor der Erkrankung zurück und rufe die Bilder von den schönsten Urlauben in mein Gedächtnis“. Eine Teilnehmerin mit einer körperlichen Behinderung hat Sorge um adäquate Fortbewegungsmöglichkeiten am Urlaubsort: „So wäre es mir persönlich beispielsweise sehr stressig, mit meinem E-Rollstuhl zu fliegen, da ich immer Angst hätte, dass dieser auf der Reise beschädigt wird. Weiterhin hätte ich Angst, im Urlaubsort nicht von A nach B zu gelangen, weil ich kein Auto oder Taxi finde, was mich mitnehmen würde“.

Online-Befragung zwischen April und Mai 2023, durchgeführtvon Ipsos. (C) Ipsos
Online-Befragung zwischen April und Mai 2023, durchgeführtvon Ipsos. (C) Ipsos

Die beliebtesten Urlaubsformen

Mit dem Rollstuhl in Australien: Migrationsmuseum in Adelaide
Mit dem Rollstuhl in Australien: Migrationsmuseum in Adelaide

Dabei machen viele Befragte trotz Behinderungen und Hürden gern Urlaub. Nach ihrer Meinung zu verschiedenen Aussagen zum Thema Urlaub gefragt, stimmen drei Viertel der Befragten (73 %) „voll und ganz“ oder „eher“ zu, dass sie bei einem Urlaub im Ausland gern Land und Leute kennenlernen. Drei von fünf Befragten (62 %) machen gern Kurzreisen und erkunden Städte. Ein entspannter Badeurlaub (51 %) sowie Wandern und Natur sind bei jedem Zweiten beliebt (53 %), selbst 42 % der Befragten mit einer Bewegungsbeeinträchtigung sind Natur- und Wanderfreunde. Gut jeder Dritte gibt an, gern Fernreisen zu machen (35 %), fast ebenso viele (32 %) finden Kreuzfahrten ideal, weil man auf bequeme Art viel sehen und erleben kann. Eine große Mehrheit von 89 % stimmt der Aussage zu, dass man auch in Deutschland einen schönen Urlaub verbringen kann.

 

Reisen als Rollstuhlfahrer ist nicht schwierig und schon gar nicht unmöglich! Man kann fast überall auf der Welt Urlaub machen. Und an allen Orten trifft man auf hilfsbereite Menschen, selbst wenn es keine barrierefreie Infrastruktur geben sollte. Ein Paradies für Rollstuhlfahrer sind ohne Zweifel die USA – hier haben, was „Accessibility“ angeht, mehrere Kriege mit behinderten Veteranen, die man nicht ausgrenzen konnte (wollte) und die Bürgerrechtsbewegung ganze Arbeit geleistet. Aber auch sonst haben wir festgestellt, dass außerhalb Deutschlands, im Süden Europas oder gar in den sogenannten Entwicklungsländern die Menschen sehr hilfsbereit und offen dafür sind, uns bei der Bewältigung kleinerer oder größerer Hindernisse zu unterstützen. Sind Stufen da, finden sich rasch ein paar starke Jungs und helfen nach oben (und auch wieder nach unten), bauen vielleicht zum Hotelzimmer rasch eine kleine Holzrampe. Sind Türen zu schmal oder im Weg – dann werden sie halt ausgehängt.

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