Am nächsten Morgen ging es dann nach einem leckeren Frühstück weiter. Der Gatte konnte es sich auf dem Rücksitz gemütlich machen (und erst einmal weiterschlafen) – das eingewechselte Auto war ein regulärer Schaltwagen ohne eine behindertengerechte Umrüstung und so war klar: ab jetzt lag die Fahraufgabe bei den Damen. Es ging zunächst erneut über die Outeniqua-Berge in Richtung N2 und dann weiter nach Westen. Ein kurzer Stopp in Heidelberg unterbrach die Fahrt. Einkaufen für den Abend und das Frühstück war angesagt, denn die nächste Nacht wollten wir wieder in einer Selbstversorger-Unterkunft im Nationalpark verbringen.
Ich hatte bei der Planung entdeckt, dass es in diesem Teil des Western Cape noch eine Besonderheit gibt: eine mit Menschenkraft bewegte Fähre. Diese zu nutzen würde zwar einen gewissen Umweg über nicht geteerte Straßen bedeuten – aber das besondere Erlebnis war es uns wert. Und so verließen wir die N2 kurz hinter Heidelberg um zunächst ein Stückchen Richtung Witsand zu fahren um dann endgültig auf die Schotterpiste über Slangriver nach Malgas zu fahren. Die Strecke war gut in Schuss, es war wenig Verkehr und wir genossen unsere Tour durchs Land zur verschlafenen kleinen Siedlung Malgas am Breede River. Sie wurde 1819 gegründet. ist heute allerdings ein reiner Urlaubsort. An der Südseite des Flusses reiht sich ein idyllisches Ferienhaus mit eigenem Bootssteg und Motorboot an das nächste. Die Ponton-Fähre in Malgas verkehrt nach Bedarf. Dies ist auf gut 100 km des Breede River die einzige Möglichkeit den Fluss zu überqueren. Die Fähre ist weltweit wohl einmalig, wird sie doch noch von Hand betrieben. Je nach Verkehrsaufkommen ziehen ein bis drei Mann den Ponton mit maximal drei Autos von Hand über den Fluss. Die Überquerung dauert nicht mehr als fünf Minuten und ist ziemlich spannend. Als wir ankamen mussten wir kurz warten: die Fähre nahm gerade auf der gegenüberliegenden Seite ein Auto auf und so hatten wir Gelegenheit, sie in aller Ruhe den Breede River queren zu sehen. Auch die Fährfahrt selbst war interessant, unser drei jungen Männer gut gelaunt und zu Späßen aufgelegt – und am anderen Ufer angekommen
(in Erinnerung an Chris de Burgh’s Song
Don't pay the ferryman
Don't even fix a price
Don't pay the ferryman
Until he gets you to the other side)
haben wir umgerechnet 2 € bezahlt. Die Straße führte vom Ufer steil bergauf – so weit noch asphaltiert…) und dann ging es auf Schotterpiste weiter in Richtung Bredasdorp.
Während wir so gemütlich über Land fuhren nahm der Verkehr zu, es war ja Sonntag und offenbar viele Menschen unterwegs zu Nachbarn, Familie, Sonntagsvergnügen. So dachten wir uns auch nicht viel, als uns ein großer Audi-Geländewagen (Q7) entgegen kam, mit hohem Tempo und fröhlich winkend – aber kein bisschen seine Geschwindigkeit mindernd. Kaum war er an uns vorbei (und in einer dichten Staubwolke auch schon verschwunden) tat es einen lauten Krach – er hatte einen Stein hoch- und uns auf die Windschutzscheibe geschleudert. Ein hübscher Stern, zum Glück nicht im Sichtfeld, war die Folge. Was ein erneuter Schreck!
Wie wir so weiter fuhren hörten wir auf einmal ein merkwürdiges Geräusch, mal deutlicher, mal weniger klar – denn Fahren auf Schotter ist ein laute Sache. War etwas passiert? Hatten wir möglicherweise einen platten Reifen? Mitten im Nichts, kein Haus, kein Baum – kein Mensch – ach nein, hinter uns fuhr ein alter, rostiger, verbeulter Toyota. Sollten wir anhalten? Oder war es gefährlich? Wer fuhr da hinter uns her, mit mehr, dann weniger Abstand – überholte uns aber nicht, obwohl wir recht gemütlich über Land fuhren? Ganz geheuer war es uns nicht. Und dann setzte der Fahrer zum Überholen an und bedeutete uns anzuhalten… oh welch ein Schreck… aber dann steige ein Paar in den 50ern aus, locker gekleidet und kamen auf unser Auto zu. Sie hatten es bereits gesehen: unser rechter Hinterreifen war platt.
Also aussteigen, erklären, warum der einzige Mann im Auto auf der Rückbank leider nicht helfen kann... und unser freundlicher Südafrikaner holte schon sein Werkzeug aus dem Auto, wir packten die Koffer aus und holten das Reserverad – nach 10 Minuten war alles vorbei, wir hatten wieder vier Reifen mit Luft. Nach einem herzlichen Dankeschön an das Paar haben wir das Gepäck verstaut und sind weiter gefahren. Ruhg und jetztb wieder einigermassen entspannt bis zur ersten Tankstelle in Bredasdorp. Dort haben wir dann erst einmal unseren Reifendruck kontrolliert und aufgetankt.
Von hier war es nicht mehr weit bis zur Südspitze Afrikas. Der Agulhas Nationalpark liegt am südlichsten Punkt Afrikas, am Kap Agulhas in der Provinz Westkap in Südafrika. Die Parkfläche reicht auf 72 km von Gansbaai im Westen bis nach Struisbaai im Osten. Das Gebiet rund um den südlichsten Punkt Afrikas (auch als Agulhasebene bezeichnet) hat vielfältige Natur- und Kultur-Besonderheiten, die den Status als Nationalpark begründen. Das Kap Agulhas (portugiesisch für Nadelkap) ist der südlichste Punkt des afrikanischen Kontinents, nicht, wie oft angenommen, das Kap der Guten Hoffnung. Der 20. Meridian, der am Kap Agulhas verläuft, stellt die geografische Grenze zwischen Atlantischem und Indischem Ozean dar. Kap Agulhas wurde 1488 erstmals von Bartolomeu Diaz erreicht. Vermutlich gaben ihm die Seefahrer den Namen wegen seiner zahlreichen Felsen und Riffe. Das Aufeinandertreffen verschiedener Meeresströmungen führt oft zu hohem Wellengang, die Gewässer um Kap Agulhas gelten deswegen und wegen der Riffe als sehr gefährlich.
Wir hatten uns in den recht neuen Chalets im Agulhas Restcamp eingemietet. Dieses kleine Camp liegt 10,3 km vom Agulhas Leuchtturm entfernt und ist umweltfreundlich geplant und gebaut worden, mit einheimischen Materialien und in traditioneller Holzbauweise. Insgesamt gibt es nur vier Doppel-und vier Vier-Bett-Selbstversorgerhütten, von denen nur eine außer unserer belegt war. So hatten wir eine wunderbare Unterkunft mit zwei separaten Schlafzimmern, jeweils mit eigenem Bad en-suite, Kamin drinnen und toller Meerblickterrasse mit Grill (sic). Von den Nationalparkunterkünften in diesem Urlaub ohne Zweifel die schönste, am tollsten gelegene – hier kehren wir ganz sicher noch einmal zurück. Wir haben den Nachmittag und Abend mit dem Blick auf das Meer, einem eindrucksvollen Sonnenuntergang und natürlich einem zünftigen Braai zum Abendessen sehr genossen.
Nach dem letzten Selbstversorger-Frühstück aus den Resten machten wir uns am folgenden Morgen erneut auf den Weg. Entlang der Küste ging es zunächst am Leuchtturm vorbei. Ihn kann man grundsätzlich besichtigen - im Moment allerdings ist der historische Leuchtturm von Agulhas eine Baustelle und wird renoviert. Erosion hat strukturelle Schäden außen und innen verursacht. Bis April 2013 werden Arbeiter vor Ort sein, um den Leuchtturm zu renovieren.
Von hier aus ging es dann weiter nach Franskraal. Diese Fahrt ging erneut über Schotterpisten an einem grauen und kühlen Tag, war aber ganz und gar ereignislos. So erreichten wir unser Heim für die nächsten Tage bereits gegen Mittag.
Und wie es weitergeht könnt Ihr hier lesen und schauen.
Die kompletten Fotos unserer Südafrikareise 2012 gibt es bei flickr.
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